«München hat gezeigt, dass wir klar in die richtige Richtung gehen»
Die European Championships in München (11. – 21. August 2022) sind Geschichte. Mittendrin und mitverantwortlich für das gute Schweizer Abschneiden war auch Leichtathletik-Coach Adrian Rothenbühler. Im Interview schaut der langjährige BASPO-Mitarbeiter der Trainerbildung Schweiz noch einmal zurück.
Die European Championships in München sind vorbei. Was war dein persönliches Highlight?
Gerade die Wettkämpfe in der Leichtathletik wurden von einem fachkundigen und begeisterungsfähigen Publikum verfolgt. Noch selten habe ich eine solche «euphorische» Stimmung in einem Leichtathletikstadion erlebt. Die zahlreichen Fans aus der Schweiz haben das Ihrige dazu beigeragen. Ich war häufig alleine im Stadion und ertappte mich dabei wie ich durch das Publikum angesteckt wurde und die unglaublichen Leistungen lautstark bejubelt habe.
Die Anreise mit Zug war ein weiteres Highlight. Unkompliziert und bequem…die Vorfreude auf Paris wurde dadurch noch grösser.
Natürlich waren die Medaillen und die Dynamik des Schweizer Teams in der Leichtathletik unglaublich und wohl das grösste Highlight. An drei dieser Medaillen mitgebaut zu haben macht das Highlight noch etwas «heller».
Hat sich für deine Arbeit als Trainer mit diesem Format von mehreren zusammengelegten Europameisterschaften im Vergleich zu einer isolierten Leichtathletik-EM viel geändert?
Nein, da alle Sportarten auch unterkunftstechnisch klar getrennt waren. So bestand kein Kontakt zu anderen Sportarten wie dies an Olympischen Spielen der Fall ist. Zudem ist eine EM in der Leichtathletik mit all den verschiedenen Disziplinen bereits eine recht grosse Kiste.
In München hast du dich aus Kapazitätsgründen mit der Betreuung der Staffel und derjenigen von Ditaji Kambundji, nicht aber mit der Betreuung von Mujinga Kambundji beschäftigt. Ein Modell der Zukunft oder wirst du die Betreuung von Mujinga bei kommenden Events wieder übernehmen?
Die Betreuung an einem Grossanlass muss so ausgerichtet sein, dass die Athletin performen kann. Somit wird dies wie bis anhin Mujinga entscheiden, welche Kombination für sie optimal ist. Zudem sollte das Training so ausgerichtet sein, dass am Grossanlass nicht mehr viel zu erledigen ist.
Für die 4x100m-Staffel hat’s leider nicht gereicht mit der Finalquali. Wo siehst du die Gründe?
Einerseits habe ich eine gewisse Dynamik unterschätzt, welche durch die Integration der jungen Athletinnen entstanden ist. Anderseits war im Vergleich zu den letzten Jahren der Stamm der Athletinnen nicht klar, da viele verschiedene Athletinnen schnell gelaufen sind. Dadurch entstand bei den Wechsel keine Routine und bei den Athletinnen Unsicherheit, ob sie Teil der Staffel sein werden oder nicht. Zudem waren die individuellen Leistungen nicht top, resp. nicht alle zur gleichen Zeit in einer guten Verfassung.
Was nimmst du aus visionärer Sicht von München mit nach Magglingen?
In dieser Woche habe ich als Coach unglaublich viele unterschiedliche Situationen erlebt. Es hat mir noch einmal aufgezeigt, dass unsere Ausrichtung in der Trainerbildung Schweiz auf überfachliche Kompetenzen, klar in die richtige Richtung geht. So wird in der letzten Zeit sehr dominant immer wieder über Infrastruktur gesprochen, dabei wird aber meistens vergessen, dass gerade am Ende jeder Aktion die Kommunikation zwischen Coach und Athletin/Athlet steht. Das Investment in Trainerinnen und Trainer ist somit lohnenswerter als der Aufbau von der perfektesten Infrastruktur.
Eine Bemerkung bezüglich Infrastruktur sei mir gleichwohl erlaubt: die höchst erfolgreiche Sportart Leichtathletik kann in der Schweiz auf keine permanente Indoortrainingsstätte zugreifen…diese müsste nicht perfekt sein, einfach nur zweckmässig und zu jeder Zeit verfügbar.
Eidgenössische Hochschule für Sport Magglingen EHSM
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