Im Lockdown entstand ein Radsport-Leistungstest für alle
Die Gruppe Sportphysiologie Ausdauer an der Eidgenössischen Hochschule für Sport Magglingen EHSM hat zusammen mit dem Radsport-Dachverband Swiss Cycling den sogenannten «Engine-Check» entwickelt, mit dem man in Eigenregie die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit VO2max ermitteln kann.
Dieser Leistungstest stiess bei den Swiss-Cycling-Spitzenfahrerinnen und -fahrern auf ein so grosses Interesse, dass die EHSM und der Verband beschlossen, diese Anwendung via eigener Webseite www.enginecheck.ch jedermann zur Verfügung zu stellen. Auf 17 Strecken in fast allen Landesteilen der Schweiz haben nun Hobby- und Breitensportlerinnen und -sportler die Möglichkeit, ihre Leistungsfähigkeit selber zu testen. Federführend bei der Entwicklung des Checks waren Nina Zenger und Beat Müller, wissenschaftliche Mitarbeiter in der Gruppe Sportphysiologie Ausdauer an der EHSM. Wir haben Beat Müller, der zudem Chef Leistungssport bei Swiss Cycling ist, ein paar Fragen gestellt.
Standardisierte Leistungstests auf dem grossen Laufband oder auch draussen zur Ermittlung des maximalen Sauerstoffaufnahmevermögens (VO2max) gibt es schon einige. Was ist denn das Spezielle an diesem «Engine-Check», der während der Corona-Krise entstanden ist?
Beat Müller: Das Spezielle liegt darin, dass mittels eines einfachen Feldtests, der in Eigenregie durchgeführt werden kann, ein hochkomplexer Wert wie die VO2max ermittelt werden kann. Dadurch, dass in allen Regionen der Schweiz Teststrecken verfügbar sind, kann der Engine Check in den Trainingsprozess integriert werden und ermöglicht den Athleten somit die Leistungsentwicklung kontinuierlich zu verfolgen.
Wer hatte die Idee für diesen Leistungstest und wie gross war der Aufwand dafür für die EHSM respektive für Swiss Cycling?
Im vergangenen Jahr wurde im Rahmen einer Masterarbeit an der EHSM, die das Zusammenspiel der Physis und der Psyche bei Nationalmannschaftsathleten untersuchte, ein mathematisches Modell validiert, welches aufgrund einer Fahrt am Berg die VO2max berechnet. Damit war die wissenschaftliche Grundlage für den Engine Check geschaffen. Die praktische Umsetzung des Testkonzepts erfolgte dann während des Lockdowns und den folglich ausbleibenden Leistungstests, die in dieser Periode stattgefunden hätten.
Wie liefen die Tests in der Praxis für die Spitzenathletinnen und -athleten ab?
Da sich die Teststrecken auf die gesamte Schweiz verteilen und jederzeit im Alleingang befahren werden können, war es die ideale Lösung, um die Athleten auch in dieser speziellen Situation im Trainingsprozess begleiten zu können.
Mussten alle Kader von Swiss Cycling, vom Nachwuchs bis zur Elite diesen Test machen?
Nein, analog zur Leistungsdiagnostik im Labor war dieses Angebot auf freiwilliger Basis. Erfreulicherweise stiess die Analyse auf sehr grosses Interesse und es fand ein reger Austausch zwischen den Athleten und uns statt. Da die Eingaben in der Analyse-App nicht gespeichert werden, kann jedoch keine konkrete Aussage zur Nutzung gemacht werden.
Der Test fand auch bei den Hobby- und Breitensportlern grossen Anklang. Welche Rückmeldungen gab es, seid ihr mit der Anzahl Teilnehmende zufrieden?
Interessanterweise melden sich immer wieder Radfahrer bei uns, die überrascht sind wie genau die Analysen mit den von ihnen selbst gemessenen Leistungswerten übereinstimmen. Andersherum gesehen sind das schöne Beispiele dafür, dass mit dem Engine Check – nebst der physiologischen Analyse - auch gleich die Messgenauigkeit des eigenen Leistungsmesssystems überprüft werden kann.
Was ist weiter geplant, wird allenfalls das Streckenangebot noch vergrössert oder muss sonst etwas nachjustiert werden?
Aus der Laborleistungsdiagnostik geht hervor, dass eine hohe VO2max der gemeinsame Nenner von Spitzenradfahrern ist. Daher nutzt Swiss Cycling den Engine Check auch für die Talentsuche in den Regionen, die über diesen Test hoffentlich den Weg nach Magglingen in die Leistungsdiagnostik finden.
Hier geht's zur Webseite!
Stimmen zum Engine-Check:
Hobby-Gümmeler (62-jährig/106 kg): «Der Engine-Check schützt vor dem Alter nicht. Im Gegenteil, er hilft. Dank den geforderten Eingaben auf der App und der Bestimmung des relativen VO2max-Wertes kann jede und jeder seine Leistungswerte in den verschiedenen Trainingszonen ermitteln. Und erhält sogar Trainingsbeispiele für die verschiedenen Zonen, angefangen bei der Regeneration bis zur anaeroben Kapazität. Und das Gute an diesem Test ist, dass das Fahrradgewicht keine Rolle spielt und trotzdem kann ich mich über den relativen VO2max-Wert mit anderen vergleichen. Aber die Teststrecke am Belpberg hat mir schon alles abgefordert. Trotzdem werde ich bei Gelegenheit noch auf weiteren der insgesamt 17 Strecken in der Schweiz einen Test machen, sicher auch in Grenchen. Vielleicht werde ich ja dank gezielterem Training auch im Alter noch besser.»
Eidgenössische Hochschule für Sport Magglingen EHSM
Hauptstrasse 247
2532 Magglingen

.jpeg?auto=format)


